Viel gefragt, dringend gebraucht und trotzdem bald geschlossen?

Im November beging die AWO Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer in Aschaffenburg (MBE) ihr 10-jähriges Jubiläum. Zehn Jahre wären ein Grund zum Feiern. Aber, wie es derzeit aussieht, ist das 10. Jahr gleichzeitig auch das letzte. Zwar hat die Bundesregierung die Förderung für die MBE 2023 bundesweit erhöht, statt zu kürzen, wie erst geplant. Das Problem ist allerdings: Die Aufstockung soll vor allem dazu dienen, weitere Beratungsstellen zu schaffen. Bestehende Stellen gehen wohl leer aus. ">

Im November beging die AWO Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer in Aschaffenburg (MBE) ihr 10-jähriges Jubiläum. Zehn Jahre wären ein Grund zum Feiern. Aber, wie es derzeit aussieht, ist das 10. Jahr gleichzeitig auch das letzte.

Zwar hat die Bundesregierung die Förderung für die MBE 2023 bundesweit erhöht, statt zu kürzen, wie erst geplant. Das Problem ist allerdings: Die Aufstockung soll vor allem dazu dienen, weitere Beratungsstellen zu schaffen. Bestehende Stellen gehen wohl leer aus.

Fatal, denn: „Wir rechnen bei unserer MBE mit einer Deckungslücke von 40.000 Euro im Jahr 2023“, erläutert Cornelia Staab, verantwortliche Fachbereichsleitung bei der AWO Unterfranken. Mit Bedauern stellt Kathrin Klaszyk-Sander, MBE-Leiterin, daher fest: „Es sieht nicht gut aus.“

Dabei ist die Beratungsstelle gefragt wie nie, durch das Hinzukommen der aus der Ukraine Geflüchteten und der zunehmenden Zahl von Arbeitskräften mit Migrationshintergrund. Aus ursprünglich einer halben Arbeitsstelle wurden 2,5. Im Statistikprogramm wurden bis Mitte November 2022, seit Beginn der digitalen Erfassung, 2044 Klient*innen gezählt. Wobei Kurzberatungen dort gar nicht auftauchen.

„Die versuchen wir zwar in einer eigenen Liste zu dokumentieren, aber wegen der hohen Nachfrage gelingt das nicht wirklich“, berichtet Klaszyk-Sander. Nicht selten gehe es sogar unter, reguläre Beratungen (über 15 Minuten) im Programm zu erfassen. „Die Dunkelziffer ist daher hoch.“

Pinar Derzbach begann am 15. November 2012 die AWO MBE in Aschaffenburg neu aufzustellen. Damals hatte der AWO Bezirksverband AWO Unterfranken e.V. die MBE vom AWO Landesverband Bayern übernommen. 2019 folgte der Umzug in neue Räumlichkeiten. Neben den bereits genannten Sozialpädagoginnen gehört zum Team noch die Soziologin Maite von Waldenfels.

Die Drei sind zuständig für breit gefächerte Themen, angefangen von der Anbindung an Sprach- und Integrationskurse sowie Tipps zur Wohnungssuche über Fragen zu Beruf/Arbeit, Finanzen (Beratung zur Antragstellung Arbeitslosengeld II und I/Wohngeld/ Kindergeld/ Kinderzuschlag/ Unterhaltsvorschuss u.a.), Aufenthaltsrecht (Familiennachzug, Aufenthaltsverfestigung etc.) oder (psychische) Gesundheit (Vermittlung an Ärzte/Sozialpsychiatrische Dienste, Kontaktaufnahme zu Krankenkassen u.a.) bis hin zur Kommunikation mit Ämtern und Behörden (Ausländerbehörde, Jobcenter, Standesamt, deutschen Botschaften, Konsulaten u.a.), der Beratung zu Ehe, Familie (auch Trennung/ häusliche Gewalt) sowie Bildungs- und Erziehungsbelangen (Anbindung an Schulen/ Kitas, Weitervermittlung an Jugendmigrationsdienste/ Erziehungsberatungsstellen/ Jugendamt). Hinzu kommen alltäglichere Themen wie z.B. erklären, was sind Rechnungen, was ist Werbung, was ist womit zu tun, was muss aufbewahrt werden ...

Gerade für Klient*innen, die regelmäßig zu Terminen kommen (müssen), ist der Zeitaufwand hoch und zwischen den Gesprächen einiges abzuklären. „Um gewinnbringend arbeiten zu können, ist Beziehungsarbeit immens wichtig. Auch das braucht Zeit“, so Klaszyk-Sander. Deshalb wird derzeit der Betreuungsschlüssel der MBEs vom BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge) überarbeitet. Auch die Richtlinie sollen bis 2024 neu gefasst, Finanzierungsregeln geändert werden. Das ist alles allerdings noch in der Schwebe, das jährliche Defizit für den AWO Bezirksverband hingegen sehr konkret.

 

Staabs Fazit daraus ist klar: „Bleibt es bei unserem Defizit für die MBE, endet diese Dienstleitung zum 31. Mai 2023, nach 10 Jahren erfolgreicher Arbeit. – Das kann die Politik doch nicht wollen.“

 

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