Verstörende Bilder im Sozialreferat

Diese Ausstellung hat schon im Vorfeld der Eröffnung für Gesprächsstoff und Irritationen gesorgt. Ausgestellt werden Portraits von Frauen aus der Würzburger Politik und der AWO, die im Juli auf dem Marktplatz im Rahmen einer besonderen Aktion mit Zeichen von Gewalt geschminkt wurden. Nun wurde die Foto-Ausstellung mit dem Namen "AWO sagt NEIN zu Gewalt an Frauen" anlässlich des Internationalen Tages zur Beseitigung der Gewalt an Frauen (25.11.) feierlich eröffnet. ">

Ausstellung „AWO sagt NEIN zu Gewalt an Frauen“

Dr. Hülya Düber ist Sozialreferentin der Stadt Würzburg. Sie ist damit Chefin der Büros des Sozialreferates in der Karmelitenstraße 43. In den vergangenen Tagen, berichtete Düber am Freitag bei einer Vernissage im Haus, hatte sie einige irritierte Blicke im Haus geerntet. „Was soll das denn bedeuten?“, hatten Kunden, aber auch Mitarbeiter gefragt.

„Das“ sind Bilder einer Ausstellung, aufgehängt vom Team der Öffentlichkeitsreferentin Stefana Körner vom AWO Bezirksverband Unterfranken.

Die großformatigen Fotografien erschüttern. Sie zeigen Frauen, stets zweimal nebeneinander. Bekannte Frauen, Frauen, mitten aus dem Würzburger Leben. Wie beispielsweise Hülya Düber selbst oder die Würzburger Bürgermeisterin und stellvertretende Würzburger AWO-Vorsitzende Marion Schäfer-Blake. Während die Betreffenden auf einem Bild aussehen wie immer, schockiert das daneben hängende Porträt: Die gleichen Frauen tragen Zeichen von Gewalt am Hals und in den Gesichtern. Der Betrachter sieht sich vermeintlich konfrontiert mit blauen Flecken, Kratzern, Wunden, Narben, Augenringen, Schwellungen und Würgemalen.

Vorher und nachher. Für Frauen, die Gewalt erleben und erlebt haben, sagt Frauenhausleiterin Brita Richl aus ihrer Erfahrung, sei hinterher nichts mehr so wie vorher. „Gewalt macht stumm und sprachlos, Gewalt verändert das Leben betroffener Frauen entscheidend und hinterlässt Spuren.“

Gewaltbetroffenen Frauen ein Gesicht geben

Diesen Frauen ein Gesicht, eine Stimme zu geben, ergänzt Düber, und so daran mitzuwirken, den Umgang mit der Gewalt und damit die Situation der Betroffenen zu ändern, war für sie wie für alle Beteiligten, das Motiv mitzumachen. Bei der Aktion im Sommer wie bei der jetzt folgenden Kampagne mit der Ausstellung, dem Teilen der Fotografien in den sozialen Medien, dem Verbreiten des über die Aktion erstellten, eindringlichen Videos. 

Im Sommer sind die Portraits anlässlich der Aktion „AWO sagt NEIN zu Gewalt an Frauen“ entstanden. Frauen aus Politik sowie aus Reihen der AWO waren einverstanden auf dem Marktplatz in aller Öffentlichkeit von den Visagistinnen Ghanna Dell und Evgenia Stamler professionell mit Gewaltzeichen geschminkt und vorher wie nachher fotografiert zu werden. Die Ausstellung ist Teil einer Kampagne, welche das Thema weitertragen und weiterwirken lassen soll.

„Ich habe gerne mitgemacht und genauso spontan und bereitwillig ‚Ja´ gesagt, als die AWO bei mir wegen der Räume für die Ausstellung anfragte“, verriet Düber noch anlässlich der Eröffnung. Das ernste und wichtige Thema, dass jede dritte Frau in Deutschland Gewalt in Beziehungen erlebt oder erlebt hat, könne man gar nicht oft genug in die Öffentlichkeit tragen.

Ebenso wie die Tatsache, monierten Düber wie Richl und AWO Fachbereichsleiterin Cornelia Staab, dass die einzigen zuverlässigen Schutzräume vor dieser Gewalt, die Frauenhäuser, als freiwillige Leistungen der Kommunen, überbelegt und mit zu wenig Plätzen ausgestattet sind. „Wir sind hier, weil Gewalt an Frauen nicht Privatsache ist. Wir sind hier, um das Schweigen zu brechen und Mut zu machen“, betont Staab. Nur jede zweite Frau in einer akuten Gewaltsituation bekommt in Bayern einen Platz.

Auch Täter und Kinder im Fokus der AWO

Der AWO Bezirksverband Unterfranken, auch das wurde bei der Vernissage deutlich, begleitet von Beziehungsgewalt Betroffene umfassend: Herbert Wimmer von der Beratungsstelle AWO Family Power nimmt seit Jahren die Täter in den Blick, konfrontiert sie mit ihrer Tat, vermittelt ihnen gleichzeitig Wege, Konflikte gewaltfrei zu lösen und betreibt damit direkt Opferschutz. Das 2015 gegründete Projekt Rückenwind legt den Fokus auf die Kinder. In den regelmäßigen Treffen unter ihresgleichen lernen sie, mit der selbst oder der miterlebten Gewalt unter ihren Bezugspersonen umzugehen. Das soll ihr Selbstwertgefühl stärken, die Sprachlosigkeit und das Unsagbare lösen und ihnen helfen, nicht selbst in die gleiche Spirale von sinnloser Wut und gefühlter Ohnmacht zu geraten, berichtete Luisa Karp aus der Arbeit mit ihrem Kollegen Marvin Jazbinsek.

Infos zur Ausstellung

Sehen Sie der Realität ins Gesicht: Die Foto-Ausstellung findet im Sozialreferat der Stadt Würzburg in der Karmelitenstraße 43 statt. Weitere Infos finden Sie in der Kampagnenseite oder in der Facebook-Veranstaltung.

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